Achtung Auto!

Achtung Auto!

Wenn die Pferdenase an den Seitenspiegel stößt, ist der abstand nicht groß genug... (Bild gestellt) Foto Jessica Bunjes

Achtung Auto!

Von Jessica Bunjes

Bad Bramstedt. Für Anja Schuppe sitzt der Schreck sozusagen noch mit im Sattel: „Erst neulich wurde ich beim Ausritt wieder fast über den Haufen gefahren, die Autofahrer rasen teilweise derart rücksichtslos an den Pferden vorbei, das ist nicht witzig – im Gegenteil, es ist lebensgefährlich für alle Beteiligten.“ Was die Hobbyreiterin aus Bad Bramstedt beim täglichen Queren einer Straße regelmäßig erlebt, kennen die meisten Reiter und Fahrer aus eigenem Erleben. Sie appellieren an die anderen PS-starken Verkehrsteilnehmer, mehr Rücksicht zu nehmen.
Anja Schuppe passiert täglich mit einem kalibrigen Mecklenburger Wallach eine Straße, um das Ausreitgelände erreichen zu können. „Inzwischen steige ich sogar lieber ab, denn ich habe das Gefühl, dass die meisten Autofahrer dann etwas vorsichtiger sind, aber viele fahren mich immer noch fast über den Haufen. Wenn ich die Hand ausstrecke, könnte ich manchen Seitenspiegel berühren, so wenig Abstand wird teilweise eingehalten.“ Die Kollision mit dem schnell zu verschreckenden Vierbeiner scheint da programmiert zu sein. „Viele Autofahrer bremsen ab, aber viele machen sich keine Gedanken und unterschätzen die Gefahr komplett, einige hupen sogar – das ist dann echt die Krönung.“
Die Hobby-Reiterin erzählt weiter: „Vor einiger Zeit erschreckte sich mein ansonsten immer völlig verkehrssicher gewesenes Pferd, als einer wie geisteskrank an mir vorbei bretterte, das Tier stand plötzlich quer auf der Straße. Das hat der nie zuvor gemacht, aber an diesem einen Tag eben doch. Da wurden wir fast plattgefahren. Und für den Autofahrer kann das auch nicht gut ausgehen, wenn er in eine 1,70 Meter hohe, 650 Kilogramm schwere Wand reinkracht.“
Fakt ist zwar theoretisch, daran erinnert Pferde-Experte Jürgen Lamp vom Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp, dass Pferde als Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr nur dann zugelassen sind, wenn der Reiter/Fahrer „ausreichend“ auf das Fluchttier einwirken kann. In der Praxis ist das mit der Einwirkung auf ein in Panik geratendes, 650 Kilogramm schweres Pferd aber so eine Sache – und die kann böse enden. Lamp: „Ich rate jeden Fahrer einer Kutsche dazu, sich mit seinem Gefährt am Mittelstreifen zu orientieren, um keine waghalsigen Überholmanöver von Autofahrern zu provozieren. Reiter hingegen sollten sich möglichst weit rechts am Seitenstreifen halten.“ Genau genommen besagt die Straßenverkehrsordnung rein rechtlich sogar, dass Pferde auf die Straße – und nicht wie allgemein aus Sicherheitsaspekten praktiziert – auf den Gehweg gehören. „In der Praxis werden Pferde dort aber geduldet, ich habe noch nie von dem Fall gehört, dass ein Polizist einen Reiter aufgefordert hat, den Gehweg zu verlassen.“
Denn grundsätzlich gilt im Straßenverkehr, so Lamp, „als erster der Toleranz-Paragraph: Rücksicht ist das A und O.“ Damit sind die Reiter und Fahrer mit ihren „Ein-PS“ pro Vierbeiner zwar quasi das „störende“, weil sich langsam fortbewegende Element im Straßenverkehr. Mangels Reitwegen jedoch sind Reiter und Fahrer eben gezwungen, auch Auto-, Rad- und Gehwege zu frequentieren. Lamp unterstützt Anja Schuppes Anliegen daher: „Jeder sollte auf jeden Rücksicht nehmen. Für Autofahrer gilt: nicht hupen, nicht rasen, nicht zu dicht, sondern vorsichtig und mit gebührendem Abstand langsam vorbeifahren.“ Und dieser Abstand ist, darum bittet Anja Schuppe, „mehr als eine menschliche Armlänge“.

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