Casall Ask – die Lebensgeschichte eines Weltpferdes 

 Casall Ask – die Lebensgeschichte eines Weltpferdes 

Foto: Bugtrup

 Casall Ask – die Lebensgeschichte eines Weltpferdes 

von Carolin Tassius-Diederich

Als Fohlen entdeckten Dieter Mehrens und Detlef Reimer Hennings Casall Ask im Stall von Wilfried Thomann in Drelsdorf im Kreis Nordfriesland. Bei einer Stuteneintragung in Behrendorf kam Thomann mit Dieter Mehrens ins Gespräch. Die beiden unterhielten sich über die Fohlen, die bei Wilfried Thomann geboren waren. Darunter auch ein Hengstfohlen von Caretino der Stute Kira v. Lavall I aus dem berühmten Stamm 890 und gleichzeitig der direkten Mutterlinie der gekörten Hengste Cesano I und II sowie zahlreicher internationaler Sportpferde wie zum Beispiel Crocodile Dandy (Alison Firestone) und Conally (Markus Renzel). „Ist der Stall weit von hier entfernt?“, fragte Dieter Mehrens den Züchter. 15 Minuten später standen die beiden bei Kira und ihrem fünf Tage alten Fohlen im Stall. „Noch am selben Tag haben wir den Verkauf perfekt gemacht“, erinnert sich Wilfried Thomann an den Tag, an dem er Casall an die Besitzergemeinschaft Hennings & Mehrens verkaufte. Zwei Jahre gingen ins Land – und der Junghengst kam zur Vorauswahl für die Holsteiner Körung 2001.

Doch nur ein teurer Wallach? 

Beim ersten Freispringen wurde Norbert Boley auf den jungen Casall aufmerksam. „Mit Reimer Hennings sen. hatte ich zuvor schon viele gute Geschäfte gemacht. Und so fragte ich Dieter Mehrens und Reimer Hennings, ob sie den zweijährigen Hengst an den Verband verkaufen würden“, erinnert sich Norbert Boley, der damals wie heute die Geschäfte der Holsteiner Hengsthaltung leitete. Die Besitzer antworteten mit „Ja“, unter der Voraussetzung, dass man sich über den Preis einig werde. Und der war für einen Zweieinhalbjährigen nicht unerheblich, so dass Norbert Boley sich für die Entscheidung die Meinung seiner damaligen Vorstandsmitglieder Breido Graf zu Rantzau und Hans-Werner Ritters einholte. Als Casall auch diese beiden erfahrenen Pferdekenner von sich überzeugen konnte, wechselte er in den Besitz des Holsteiner Verbandes. „Bei der Körung lief zunächst alles gut. Das Pferd präsentierte sich sehr gut an der Hand und erfüllte die in ihn gesetzten Erwartungen“, erzählt Norbert Boley. Doch dann folgte der Tag des Freispringens in Neumünster. „Am Ende hat er dort eigentlich nur einen einzigen seiner Qualität entsprechenden Sprung gemacht. Und ich befürchtete insgeheim, dass er vielleicht doch nur ein teurer Wallach ist“, so Boley weiter. „Zum Glück hatte die Körkommission die überzeugenden Leistungen der Vorauswahlen nicht vergessen. Das Körurteil fiel demnach positiv aus. Diese erste große Hürde hatte Casall also genommen. Es folgte eine „ganz gute Hengstleistungsprüfung“, bevor es im Alter von fünf Jahren dann so richtig für ihn losgehen sollte. Doch dann bereitete der Hengst den Verantwortlichen des Holsteiner Verbandes, allen voran natürlich Norbert Boley, ziemliches Kopfzerbrechen: „Mit Gunnar Röer hatte er einen sehr guten Reiter. Dennoch stellte sich nicht die Entwicklung ein, die wir uns alle erhofft hatten.“ Nach einiger Zeit kam die Frage auf: Was machen wir mit diesem Hengst, von dem wir alle uns so viel erhofft haben?

Und dann kam Bengtsson 

Zu diesem Zeitpunkt, am Ende von Casalls fünftem Lebensjahr, nahm zum ersten Mal der Reiter in seinem Sattel Platz, der ihn zu all‘ diesen unvergesslichen Erfolgen führen sollte: Rolf-Göran Bengtsson. „Das war damals der Vorschlag von Breido (Graf zu Rantzau)“, erzählt Norbert Boley. Es ging dabei in erster Linie um sein Urteil, eine Standortbestimmung. Denn die Meinung und Erfahrung des Schweden war schon immer eine wichtige Unterstützung für den Holsteiner Verband. Rolf-Göran Bengtsson hatte „gleich das richtige Gefühl für Casall“. Und er sagte, dass er ihn gerne reiten würde. Seitdem sind Casall und Bengtsson ein Team. Ein Team, zu dem aber auch noch jemand gehört. Nämlich Casalls Pflegerin Celia Rijntjes, die sich seit seinem ersten Tag im Stall in Breitenburg um den Hengst kümmert. Die Fortsetzung dieser Geschichte ist in der ganzen Welt bekannt. Sie beginnt mit dem Titel des Holsteiner Landeschampions im Jahr 2005 und der Bronzemedaille auf dem Bundeschampionat. Die erste internationale Platzierung folgte 2006 in Wiesbaden. In diesem Jahr bekam Casall auch seinen ersten Namenszusatz „la Silla“. In einem Sponsorenvertrag war der sportliche Einsatz des Hengstes, der fortan Casall la Silla hieß, geregelt. Diesen Namen trug er so lange bis Rolf-Göran Bengtsson die Kooperation mit dem dänischen Gestüt Stutteri Ask einging.

Zwei Jahre später gelang der große Durchbruch mit den Siegen in den Großen Preisen von Aarhus und Falsterbo. Von da an mischten Casall und Rolf-Göran Bengtsson in fast allen wichtigen Springen der Welt vorne mit: Hamburg, Monte Carlo, Lyon, s’Hertogenbosch, Doha, Chantilly, Basel, London, Rom, Valkenswaard und Paris seien an dieser Stelle nur stellvertretend genannt. An 39 Springen der Global Champions Tour hat er teilgenommen, neunmal gewonnen und nur dreimal hat er es nicht in den zweiten Umlauf geschafft. Überhaupt war die Global Champions Tour für den Holsteiner, der mit dem Namenszusatz Ask viele seiner ganz großen Erfolge feierte, ein gutes Pflaster. Nachdem er bereits in 2014 Platz zwei und in 2015 Platz drei in der Gesamtwertung belegte, gelang dem Paar 2016 der ganz große Erfolg, als er nicht nur im finalen Großen Preis in Doha, sondern auch in der Gesamtwertung der Global Champions Tour die Weltspitze des Springsports hinter sich ließ. Nicht unerwähnt dürfen selbstverständlich die Mannschaftsbronze-Medaille auf der EM in Herning sowie der vierte Platz in der Einzelwertung bei den Weltmeisterschaften in Caen. Unendlich fortsetzen ließen sich die sportlichen Erfolge von Casall und Rolf-Göran Bengtsson- der gesagt hat: „so ein Pferd wie Casall bekomme ich nie wieder“ – an dieser Stelle. Dabei vergessen werden darf aber eines nicht: Casall hat sich nicht nur selbst über mehr als zehn Jahre im internationalen Sport bewiesen. Auch seine Nachkommen tun dies mittlerweile, so dass er nicht selten schon gegen sie in Global-Springen angetreten ist. Mit einem lachenden und einem weinenden Augen verabschiedet sich nun ein Weltpferd mit 18 Jahren topfit aus dem internationalen Sport, der elf Jahre lang seine große Bühne gewesen ist. Und auch wenn er selbst nun nicht mehr dabei ist, ist er nicht vergessen. Dafür sorgen seine zahlreichen Nachkommen, die längst auf dem Weg sind, in die züchterischen und sportlichen Fußstapfen ihres Vaters zu treten.

Stimmen zu Casall Ask 

Wilfried Thomann: „Sowas gibt’s nur einmal im Leben eines Züchters – wenn überhaupt!“

Dieter Mehrens & Reimer Hennings: „Schon als Zweijähriger konnte man seine abnormale Qualität, die Härte und die Vorsicht am Sprung erkennen. Er war immer ein besonderes Pferd. Und wir sind stolz, so ein Pferd überhaupt einmal besessen zu haben.“

Norbert Boley: „Es ist für mich ein ganz besonderes Glück den Lebensweg eines solchen Ausnahme-Hengstes begleiten zu dürfen.“

Rolf-Göran Bengtsson: „So ein Pferd wie Casall bekomme ich nie wieder.“

 

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